Interview mit Thomas Scheitlin, Präsident Clubjahr 2024 / 2025

miðvikudagur, 14. ágúst 2024

Philipp Landmark

Thomas, musste man Dich lange überreden, das Präsidium des Rotary Clubs St. Gallen zu übernehmen?

Nach meiner «Pensionierung» als Stadtpräsident hatte ich wieder Kapazität, um neue Aufgaben zu übernehmen. Sehr bewusst wollte ich keine Engagements mit einem Bezug zur städtischen Politik eingehen. Da kam die Anfrage für das Präsidium des Rotary Clubs St.Gallen genau zum richtigen Zeitpunkt. Es brauchte also keine grossen Überredungskünste.

In Deinem Präsidialjahr steuerst Du auf das Jubiläum 100 Jahre RC St. Gallen zu. Einen anderen Schwerpunkt kannst Du so kaum setzen.

Ich freue mich, dass ich einen Teil meines Präsidialjahres vor und während des Jubiläumsjahres leisten kann. Das 100-Jahr Jubiläum ist natürlich ein echter Schwerpunkt in meiner Zeit. Als «Ur-St.Galler» war es mir aber ein Anliegen, das Jubiläum in das St.Galler Umfeld einzufügen. Während meiner Präsidialzeit schauen wir deshalb sehr bewusst auch in die Entwicklung der Stadt in diesen 100 Jahren zurück. Insofern war es möglich einen Schwerpunkt «Stadtentwicklung in den letzten 100-Jahren» zu setzen. 

Gibt es trotzdem ein Thema, das Du in Deinem Amtsjahr herausstreichen möchtest?

Wie in der vorangehenden Antwort aufgezeigt, geht es mir auch darum, die Entwicklung unserer Stadt in den vergangenen 100 Jahren aufzuzeigen. Zum anderen haben wir das Programm des Jubiläumsjahrs gemeinsam in einer Arbeitsgruppe mit dem Incoming-Präsident erarbeitet. Wir möchten im Jubiläumsjahr ermöglichen, dass sich einerseits die Clubmitglieder besser kennenlernen und wir andererseits aber auch etwas über die anderen St.Galler Serviceclubs wie Lions, Kiwanis usw. erfahren. Also «kennenlernen» ist ein wichtiges Anliegen der beiden Präsidenten für das Jubiläumsjahr.

Kurz nach Deinem Amtsjahr feiert unser Club sein 100-jähriges Bestehen. Wie muss sich der Club entwickeln, dass er auch weitere Jubiläen feiern kann?

Wie heisst es so schön, im Zentrum steht der Mensch. Der Rotary Club lebt von den Menschen, die sich im Club engagieren. Es muss uns deshalb weiterhin gelingen, spannende Menschen verschiedenen Alters und aus verschiedenen Berufen in unseren Club aufzunehmen. Für uns als grossen Club bedeutet das aber nicht Wachstum per se, sondern Erneuerung.

Ein Jubiläum ist immer Anlass, zurückzublicken, aber auch vorwärtszuschauen. Findest Du selbst Rotary noch zeitgemäss?

Rotary braucht es in unserer Welt heute und morgen. Die heutige Welt wird zunehmend zu einer Welt der Selbstverwirklichung. Jeder schaut für sich und optimiert sein eigenes Wohlbefinden. Dass sich Menschen im Rotary zusammenfinden, denen das Wohl der Gesellschaft am Herzen liegt, ist für die Zukunft sehr wichtig. Der Rotary Grundsatz, der Gesellschaft zu dienen ist und bleibt zentral. Was kann ich für die Gesellschaft tun und nicht, was kann die Gesellschaft für mich tun, macht den Rotary Gedanken aktueller denn je.

An Deinem ersten Lunch als Präsident hast Du anlässlich des Nationalfeiertags auf den Gemeinsinn verwiesen, den die Schweiz mehr denn je brauche. Dann wäre Rotary eigentlich eine gute Basis für die Eidgenossenschaft?

Für eine freiheitlich-demokratische Gesellschaft gehört der Gemeinsinn als Bereitschaft, sich für das Gemeinwohl einzusetzen zur DNA. Die Bereitschaft sich zu engagieren, nimmt in unserer Gesellschaft laufend ab. Rotary lebt den Gemeinsinn mit allen seine Engagements zu Gunsten der Allgemeinheit. In diesem Sinne gehört er zur Basis der Eidgenossenschaft.    

 

Interview: Philipp Landmark

 

--- 

Der Ökonom Thomas Scheitlin (*1953) ist Verwaltungsratspräsident der Olma Messen St.Gallen AG. Er war nach Tätigkeiten in der Privatwirtschaft von 2001 bis 2006 Präsident der Ortsbürgergemeinde St. Gallen und von 2007 bis 2020 Stadtpräsident von St. Gallen. Als Vertreter der FDP gehörte er lange Jahre dem Kantonsrat an.    

Thomas Scheitlin ist Präsident des Rotary Clubs St.Gallen